Navigieren auf Schulinfo Zug

Inhaltsnavigation auf dieser Seite

Navigation
  • Schule
  • Warum nicht mit Zehntelnoten benoten?
02.12.2024

Warum nicht mit Zehntelnoten benoten?

02.12.2024
Scheingenauigkeit für die einen. Informationsverlust für die anderen. An der Notenskala scheiden sich die Geister.
DBO
Bild Legende:

Ab dem 1. Semester der 2. Klasse müssen die Prüfungen benotet werden. Für die Zeugnisnoten gibt es gesetzliche Vorgaben, für die Prüfungsnoten nicht. Das führt dazu, dass einige Lehrpersonen Zehntelnoten vergeben, andere Viertelnoten und wiederum andere halbe Noten. Ein Plädoyer für eine feine und einheitliche Notenabstufung.

Von Denise Buxtorf Otter*

In der Primarschule des Kantons Zug ist das Notensystem ab dem 1. Semester der 2. Klasse ein bedeutender Bestandteil der Leistungsbewertung und des pädagogischen Feedbacks. Allerdings zeigt sich in der Praxis eine beträchtliche Inkonsistenz in der Anwendung der Notenskala: Während einige Lehrpersonen Zehntelnoten vergeben, bevorzugen andere Viertelnoten, und wiederum andere setzen halbe Notenschritte ein. Diese unterschiedlichen Bewertungsmethoden führen – zum Teil selbst innerhalb derselben Klasse mit mehreren Lehrpersonen – zu erheblichen Abweichungen und einem potenziellen Informationsverlust, was Transparenz und Fairness der Bewertung anbelangen.

Da sich die einheitliche Leistungsbewertung gemäss den allgemeinen Bestimmungen des Promotionsreglements (BGS 412.113) des Kantons Zug lediglich auf die Zeugnisnoten bezieht, ohne die Leistungsbewertungen für die einzelnen Prüfungen (summative Lernkontrollen) während des Semesters zu berücksichtigen, würden Rahmenbedingungen in diesem Bereich hilfreich sein. Die Frage nach der richtigen Leistungsbewertung ist jedoch sehr umstritten. 

Problemstellung: Noteninflation und Informationsverlust durch uneinheitliche Skalen
Die unterschiedlichen Notenschritte – Zehntel-, Viertel- oder Halbschritte – bewirken eine erhebliche Varianz in der Leistungsdarstellung. Insbesondere stellt sich hier die Frage, ob die Wahl eines feineren Notenschrittes (wie Zehntelnoten) zu einer objektiveren, gerechteren und genaueren Abbildung des Leistungsstandes der Schülerinnen und Schüler führt. Die Befürworter gröberer Notenschritte, wie halbe oder Viertel-Noten, argumentieren häufig mit einer vermeintlichen Scheingenauigkeit, da kleine Differenzen angeblich keine signifikante Aussagekraft hätten und Leistungsbewertungen per se ungenau seien.

Jedoch verkennt diese Argumentation meines Erachtens den Wert von Präzision, besonders bei standardisierten Tests, bei denen die Antworten eindeutig richtig oder falsch sind und somit der subjektive Ermessensspielraum minimal bleibt. Und: Wenn Leistungsbewertungen ohnehin ungenau sein sollen, weshalb macht man sie durch halbe oder Viertel-Noten noch ungenauer?

Vorteile der Verwendung von feineren Notenschritten

  1. Erhöhte Präzision und Fairness
    Die Vergabe von feineren Notenschritten erlaubt eine präzisere Abbildung der tatsächlich erbrachten Leistung. Gerade bei Tests mit eindeutig festgelegten richtigen und falschen Antworten, wie zum Beispiel bei Multiple-Choice-, Deutsch Grammatik- oder Mathematik-Tests, kann jeder Punkt exakt zugeordnet werden, ohne dass ein interpretatorischer Spielraum für die Lehrperson besteht. Diese klare Differenzierung minimiert die Gefahr, dass Schülerinnen und Schüler dieselbe Note erhalten, obwohl ihre tatsächlichen Ergebnisse bzw. ihre Leistungen voneinander abweichen.
  2. Nachvollziehbarkeit und Konsistenz
    Eine präzisere Notenskala ermöglicht es, Unterschiede in der Leistung auf eine klare und nachvollziehbare Weise darzustellen. Für Eltern und Schüler bzw. Schülerinnen bedeutet dies, dass die erbrachte Leistung detaillierter dokumentiert wird, was zu einem besseren Verständnis der Stärken und Schwächen führt. Kleinere Notenabstufungen können insbesondere dabei helfen, den individuellen Fortschritt der Schülerin oder des Schülers exakter zu verfolgen, da kleine, aber relevante Leistungsentwicklungen sichtbar werden. Kommt hinzu, dass Rahmenvorgaben dazu beitragen, dass die Notengebung konsistent und nachvollziehbar erfolgt, was wiederum die Fairness im Bewertungsprozess stärkt.
  3. Transparenz und Vergleichbarkeit
    Eine einheitliche und transparente Notenskala mit beispielsweise Zehntelnoten fördert die Vergleichbarkeit der Noten innerhalb und zwischen verschiedenen Klassen. Sie erleichtert beispielsweise einer Schülerin oder einem Schüler bei einem Lehrpersonen- oder Schulwechsel, die eigenen Leistungen adäquat einzuordnen. Eine einheitliche Bewertung in beispielsweise Zehntelschritten kann zu mehr Gerechtigkeit und Vergleichbarkeit führen und damit auch das Vertrauen in das Bildungssystem stärken.
  4. Orientierung für die Lehrperson
    Ausserdem können Rahmenvorgaben den Lehrpersonen auch als Unterstützung dienen. Die Lehrpersonen erhalten eine klarere Orientierung für die Notensetzung, was ihnen die Arbeit erleichtert, die (mögliche) Unsicherheit bei der Leistungsbewertung minimiert, was zu einer konsistenteren Notengebung führt.
  5. Ermessensspielraum und Scheingenauigkeit
    Durch die Verwendung einer feineren Skala, die klare Differenzierungen erlaubt, wird der subjektive Einfluss der Lehrperson keineswegs reduziert. Die Lehrperson würde weiterhin über den Inhalt der Prüfungen sowie die Gewichtung der zu vergebenden Punkte entscheiden. Natürlich bleibt bei zahlreichen Prüfungen per se eine gewisse Scheingenauigkeit bei der Notenvergabe bestehen, da sich dies nicht verhindern lässt; doch immerhin verfälscht nicht eine grobe Notenverteilung zusätzlich das Ergebnis der Schülerin und des Schülers.
  6. Rechtssicherheit
    Zudem bieten einheitliche Rahmenvorgaben auch eine rechtliche Absicherung, da sie den Bewertungsprozess auf klare und festgelegte Kriterien stützen. Dies reduziert das Risiko von Beschwerden im Zusammenhang mit der Notengebung.

Schlussfolgerung
Die Argumentation gegen eine präzisere Notengebung mit dem Verweis auf Scheingenauigkeit greift (insbesondere, aber nicht nur bei Tests, die klar richtig oder falsch beantwortet werden können) meines Erachtens zu kurz. So bieten beispielsweise Zehntelnoten eine wertvolle Möglichkeit, die schulische Leistung differenzierter und fairer abzubilden und dadurch eine höhere Transparenz und Vergleichbarkeit für Schülerinnen, Schüler, Eltern und Lehrkräfte zu schaffen. Die Einführung einer einheitlichen «feineren» Notenskala in der Primarschule könnte zur Angleichung der Bewertungskriterien beitragen und somit den Informationsverlust, der durch die derzeitige uneinheitliche Praxis entsteht, erheblich reduzieren.


*Denise Buxtorf ​​Otter ist Rechtsanwältin und arbeitet im Rechtsdienst der Direktion für Bildung und Kultur des Kantons Zug.

Weitere Informationen

hidden placeholder

behoerden

Fusszeile