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Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK
Art. 99 Abs. 1 lit. b ZPO

Art. 114 lit. c und 115 ZPO

Regeste:

Art. 114 lit. c und 115 ZPO – Kostenauferlegung an die beklagte Partei im unentgeltlichen Verfahren wegen mutwilliger Prozessführung.

Aus den Erwägungen:

(...)

6.3 Gemäss Art. 114 lit. c ZPO werden im Entscheidverfahren bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.– keine Gerichtskosten gesprochen. Bei  bös- oder mutwilliger Prozessführung können die Gerichtskosten allerdings auch in den unentgeltlichen Verfahren auferlegt werden (Art. 115 ZPO).

Mutwilligkeit setzt neben der objektiv feststellbaren Aussichtslosigkeit des Prozesses zusätzlich noch ein subjektives Element voraus: Das Verfahren muss wider besseres Wissen oder zumindest wider die von der betroffenen Person nach Lage der Dinge zu erwartende Einsicht betrieben worden sein. Böswilligkeit ist dann gegeben, wenn der aussichtslose Prozess primär die Verärgerung der Gegenpartei oder gar des Gerichtes bezwecken soll. Prozessuales Verhalten erscheint dann als mutwillig, wenn es mit einer sinnvollen und zielgerichteten Prozessführung schlechterdings nicht vereinbar ist, also erkennbar nur als Verzögerungsmanöver dient, so zum Beispiel bei unentschuldigtem Fernbleiben von der Gerichtsverhandlung oder weiteren Verhaltensmustern, die in nicht kostenlosen Verfahren zur Anwendung von Art. 108 ZPO Anlass geben würden (vgl. Rüegg, Basler Kommentar, Zivilprozessordnung, 2. A., Basel 2013, N 1 f. zu Art. 115 ZPO; Sterchi, Berner Kommentar, Zivilprozessordnung, Bern 2012, N 5 zu Art. 115 ZPO; Streiff/von Kaenel, Arbeitsvertrag, 6. A., Zürich/Basel/Genf 2006, N 11 zu Art. 343 OR).

6.4 Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass die Beklagte, die bereits der Verhandlung vor der Schlichtungsbehörde Arbeitsrecht unentschuldigt ferngeblieben war, im vorinstanzlichen Verfahren keine Klageantwort eingereicht hat und zur Hauptverhandlung unentschuldigt nicht erschienen ist. Ein solches, offenkundig nur der Verzögerung dienendes Verhalten ist mit einer sinnvollen Prozessführung nicht vereinbar und muss als mutwillig bezeichnet werden. Dementsprechend ist es nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz der Beklagten gestützt auf Art. 115 ZPO Kosten auferlegt hat. Für das Berufungsverfahren bleibt es dagegen bei der Kostenlosigkeit gemäss Art. 114 lit. c ZPO (s. dazu auch Sterchi, a.a.O., N 5 ff. zu Art. 115 ZPO).

Obergericht, I. Zivilabteilung, 19. Dezember 2014

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