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Art. 1b IVG, Art. 27 EOG, Art. 2 AVIG, Art. 1a und Art. 5 AHVG, Art. 319 OR
Art. 4 ATSG, Art. 6 Abs. 2 UVG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 UVV
Art. 5 AHVG, Art. 6, Art. 8, Art. 8bis und Art. 8ter AHVV
Art. 8, Art. 13, Art. 21 und Art. 64a Abs. 1 lit. b IVG, Art. 2 Abs. 1 und 2 HVI, Ziffer 5.06 HVI-Anhang; Rz. 2035 KHMI
Art. 8, Art. 27 und Art. 42 ATSG, Art. 12 Abs. 2 ATSV, Art. 8 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 AVIG
Art. 8, Art. 59 und Art. 60 AVIG
Art. 9 und Art. 17 Abs. 2 ATSG, Art. 42 IVG; Art. 37 und Art. 38 IVV
Art. 17 Abs. 2 ATSG; Art. 9 Abs. 1 ELG; Art. 25 Abs. 1 lit. c ELV
Art. 31 AVIG, Art. 745 OR

Art. 43 und Art. 61 ATSG, Art. 3 Abs. 1 und 2 UVG, Art. 8 UVV

Regeste:

Art. 43 und Art. 61 ATSG, Art. 3 Abs. 1 und 2 UVG, Art. 8 UVV – Grundsätzlich gilt im  Sozialversicherungsrecht die Untersuchungsmaxime, welche ihre Schranken indes in der Rügepflicht hat. Aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes entfällt im Sozialversicherungsrecht die Beweisführungslast. Allerdings tragen die Parteien eine dahingehende Beweislast, dass im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zuungunsten derjenigen Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten will. Im Leistungsrecht bedeutet dies, dass der Leistungsansprecher sein Begehren nicht durchzusetzen vermag. Im Sozialversicherungsrecht gilt das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (Erw. 3.5). Es kann nicht die Aufgabe von Verwaltung und Gericht sein, aufwendig nach nicht auffindbaren Zeugen zu suchen, um damit die Position des beweispflichtigen Leistungsansprechers zu stützen (Erw. 6.4).

Aus dem Sachverhalt:

Der Leistungsansprecher, G, Jahrgang 1989, Staatsangehöriger von Mazedonien, war gemäss Schadenmeldung UVG, unterzeichnet von Fürsprecher H, Zürich, und datiert vom 24. Oktober 2013, bei der X GmbH in Baar als Lüftungsmonteur beschäftigt, als er, ausserhalb der Arbeitszeit, in der Nacht vom 31. Dezember 2009 auf den 1. Januar 2010 mit einem Messer durch Stichwunden am Rücken verletzt wurde, was zu Beeinträchtigungen an der Leber, der Milz und am Zwerchfell führte. Zudem soll es zu einer Luftansammlung in der rechten Brusthöhle gekommen sein. Die SUVA Zentralschweiz leitete nun Abklärungen ein und teilte dem Betroffenen mit Verfügung vom 5. September 2014 mit, die Untersuchungen hätten ergeben, dass nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht von einem Arbeitsvertrag zwischen ihm und der X GmbH ausgegangen werden könne.

Die dagegen am 7. Oktober 2014 erhobene Einsprache wies die SUVA mit Entscheid vom 10. November 2014 vollumfänglich ab. Zur Begründung verwies sie vorab auf die Leistungspflicht nach Art. 6 Abs. 1 UVG bei Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie bei Berufskrankheiten, auf das Versicherungsobligatorium nach Art. 1a UVG, auf die Legaldefinition des Begriffs Arbeitnehmer nach Art. 10 ATSG und in diesem Zusammenhang auf Art. 1 UVV – wonach Arbeitnehmer sei, wer eine unselbständige Erwerbstätigkeit im Sinne des AHVG ausübe – sowie auf die einschlägige AHVG-rechtliche Praxis, alsdann auf die Regelung zum Versicherungsbeginn nach Art. 3 Abs. 1 UVG resp. zum Versicherungsende nach Art. 3 Abs. 2 UVG, zu guter Letzt auf den vorliegend geltenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Weiter erklärte die SUVA, der Einsprecher halte ihr trölerisches Fallmanagement in Verbindung mit vollkommener Untätigkeit bei der Sachverhaltsabklärung vor. Nach Hinweisen auf Art. 319 Abs. 1 OR (Einzelarbeitsvertrag) führte die SUVA schliesslich aus, ein Arbeitsvertrag im Sinne von Art. 319 Abs. 1 OR sei zwischen dem Einsprecher und der X GmbH nicht erstellt. Zwar finde sich in den Akten ein schriftlicher Arbeitsvertrag. Allerdings überzeuge dieser nicht. Zum einen seien die Unterschriften auf der Schadenmeldung vom 24. Oktober 2013 und auf dem angeblichen Arbeitsvertrag vom 7. Dezember 2009 offensichtlich nicht von derselben Person ausgefertigt worden. Von einem Stellvertretungsverhältnis, wie in der Einsprache ausgeführt, sei vorgängig nicht die Rede gewesen. Nach dem Handelsregister-Auszug sei ohnehin nur eine Person für die Gesellschaft zeichnungsberechtigt gewesen. Die Unterschriften auf Vertrag, Schadenmeldung und den Quittungen liessen sich nicht zweifelsfrei einer Person zuordnen. Weitere Abklärungen würden käumlich etwas bringen, zumal der Einsprecher selbst niemanden benennen könne, den man befragen könnte. Sodann fehle es auch an beweistauglichen Belegen wie Bankauszügen, Buchhaltungsunterlagen etc. Soweit der Einsprecher seinen Anspruch auf einen Arbeitsversuch, einen mündlichen Arbeitsvertrag vom Dezember 2009 und die daraus resultierende Nachdeckung, nicht aber auf den schriftlichen Arbeitsvertrag stütze, erstaune dies, da das Arbeitsvertragsrecht den Arbeitsversuch gar nicht kenne. Andererseits behaupte der Einsprecher ja auch, der eigentlich unbefristete Arbeitsvertrag sei laut Parteiwillen erst ab Januar 2010, nach Beendigung des Probemonats, vorgesehen gewesen. Diese Aussagen seien nicht nachvollziehbar und fänden im eingereichten Vertrag vom 7. Dezember 2009 auch keine Stütze, zumal dieser ohnehin nicht zwischen befristetem und unbefristetem Vertrag unterscheide. Dass nach Ablauf der Probezeit vom 4. bis zum 23. Dezember 2009 ein neuer, unbefristeter Vertrag geschlossen werde, ergebe sich nicht. Ziffer 12 des Vertrages enthalte lediglich eine Präzisierung zur Probezeit. Was der Einsprecher zu befristetem und unbefristetem Vertrag ausführe, sei reine Interpretation. Wieso die Arbeitgeberin vor diesem Hintergrund in der Schadenmeldung vom 24. Oktober 2013 das Feld «befristeter Arbeitsvertrag» angekreuzt habe, ab Januar 2010 aber von einem unbefristeten Vertrag ausgehe, sei klärungsbedürftig. Zu beachten sei sodann, dass der erwähnte Arbeitsvertrag von einer Wochenarbeitszeit von 42.5 Stunden spreche, dass für die Probezeit keine Abweichungen abgemacht worden seien und dass die eingereichten Quittungen belegten, dass die Arbeitszeit nicht eingehalten worden sei. Besonders klärungsbedürftig sei schliesslich der Umstand, dass die Unfallmeldung erst am 24. Oktober 2013, folglich drei bis vier Jahre später erfolgt sei. Begründet werde dies nicht und üblich sei es auch nicht, zumal es ja nicht um eine Bagatelle gehe. Weiter falle auf, dass Ziffer 9 des Arbeitsvertrages den Arbeitnehmer zum Abschluss einer Krankenversicherung auffordere mit dem Hinweis, dass der Arbeitgeber dies sonst tue. Die Krankenversicherung sei in der Schweiz allerdings schon seit Jahren obligatorisch und ein Arbeitgeber könne seine Mitarbeiter nicht so einfach anmelden. Nach dem Gesagten zeigten die Akten etliche Widersprüche auf und eine Leistungspflicht der SUVA ergebe sich nicht. Gegen den Vorwurf des trölerischen Fallmanagements wehre sie sich entschieden. Fakt sei, dass die Organe der X GmbH nicht mehr ausfindig zu machen seien, dass diese keine Buchhaltung geführt habe und dass die eingereichten Steuerunterlagen des Einsprechers kein Erwerbseinkommen nachweisen liessen. Selbst wenn man Organe der Gesellschaft hätte fragen können, wäre die Verwertbarkeit dieser Angaben fraglich gewesen. Die SUVA habe sehr wohl Abklärungen getroffen. Die Anfrage bei der Prämienabteilung der SUVA habe gezeigt, dass eine Arbeitgeberkontrolle der genannten GmbH mangels Buchhaltung nicht habe umgesetzt werden können. Auch sei der Einsprecher in der Prämienabteilung nicht geführt gewesen. Wer von der SUVA Leistungen beziehen wolle, müsse glaubhaft darlegen können, dass er die anspruchsbegründenden Voraussetzungen erfülle. Die SUVA sei nicht verpflichtet, die Angaben eines «Versicherten» einfach anzuerkennen. Könnten ungenaue, unvollständige oder widersprüchliche Angaben nicht überzeugend ergänzt werden, so sei ein Unfall nicht glaubwürdig. Entsprechend könne die SUVA den Schadenfall ablehnen. Vorliegend seien die leistungsbegründenden Voraussetzungen nicht erfüllt. Gross sei die Liste der Unklarheiten und Widersprüche. Damit erweise sich die Verfügung vom 5. September 2014 als nicht zu beanstanden.

Aus den Erwägungen:

(...)

3.2 Der Versicherungsschutz durch die obligatorische Unfallversicherung beginnt an dem Tage, an dem der Arbeitnehmer aufgrund der Anstellung die Arbeit antritt oder hätte antreten sollen, in jedem Falle aber im Zeitpunkt, da er sich auf den Weg zur Arbeit begibt. Sie endet mit dem 30. Tage nach dem Tag, an dem der Anspruch auf mindestens den halben Lohn aufhört (Art. 3 Abs. 1 und 2 UVG). Als Lohn im Sinne von Art. 3 Abs. 2 UVG gelten der nach AHVG massgebende Lohn, die Taggelder der obligatorischen Unfallversicherung, der Militär-, der Invalidenversicherung und der Krankenkassen sowie der privaten Kranken- und Unfallversicherer, welche die Lohnfortzahlung ersetzen, die Entschädigungen nach der Erwerbsersatzordnung sowie jene der kantonalen Mutterschaftsversicherung, die Familienzulagen, schliesslich die aus Gründen des Alters AHV-beitragsbefreiten Löhne. Nicht als Lohn gelten Entschädigungen bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses oder bei Betriebsschliessungen etc., aber auch Gratifikationen, Weihnachtszulagen etc. (Art. 7 der Verordnung über die Unfallversicherung vom 20. Dezember 1982 [UVV, SR 832.202]). Abreden über die Verlängerung der Nichtberufsunfallversicherung müssen einzeln oder kollektiv vor dem Ende der Versicherung getroffen werden (Art. 8 UVV).

(...)

3.5 Grundsätzlich gilt im Sozialversicherungsrecht die Untersuchungsmaxime, welche ihre Schranken indes in der Rügepflicht – einem Ausfluss resp. eine Form der Mitwirkungspflicht des Versicherten – hat. Diese Mitwirkungspflicht erstreckt sich auf das Verwaltungs- wie auf das Verwaltungsgerichtsverfahren. Aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes entfällt im Sozialversicherungsrecht die Beweisführungslast. Allerdings tragen die Parteien eine dahingehende Beweislast, dass im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zuungunsten derjenigen Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten will. Im Leistungsrecht bedeutet dies, dass der Leistungsansprecher sein Begehren nicht durchzusetzen vermag. Schliesslich anzufügen bleibt, dass im Sozialversicherungsrecht grundsätzlich der Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit gilt. Dieser Grad übersteigt einerseits die Annahme einer blossen Möglichkeit bzw. einer Hypothese, liegt andererseits aber auch unter demjenigen der im Zivilprozess geltenden strikten Annahme der zu beweisenden Tatsache (vgl. Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2009, Art. 52 Rz. 24 und Art. 61 Rz. 67; Art. 43 Rz. 30 und 39).

4. Unstreitig ist, dass der Beschwerdeführer in der Silvesternacht von 2009 auf 2010 im Rahmen einer Auseinandersetzung mit Messerstichen erheblich verletzt wurde und dass dies als Unfallereignis gewertet werden könnte. Fakt ist alsdann, dass der Beschwerdeführer das fragliche Unfallereignis erst am 24. Oktober 2013, mithin drei Jahre und fast zehn Monate nach dem Ereignis, dem Versicherer meldete. Streitig ist, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des fraglichen Ereignisses in einem Arbeitsverhältnis stand und im Sinne von Art. 3 UVG Versicherungsschutz geniesst. Die Akten besagen hierzu was folgt:

(...)

6. Wie in Erwägung 4 bereits angesprochen, ist der Streitpunkt die Frage, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Vorfalls vom 31. Dezember 2009 / 1. Januar 2010 aufgrund eines konkreten, vor- oder noch bestehenden Arbeitsverhältnisses Versicherungsschutz beanspruchen konnte oder aber ob er allenfalls als arbeitslos bei der Arbeitslosenversicherung angemeldet war und deshalb in den Genuss des Versicherungsschutzes kam. Es geht mithin darum, ob das für Dezember 2009 behauptete Arbeitsverhältnis als nach dem hier geltenden Beweisgrad erstellt gilt.

6.1 Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, im Dezember 2009 habe er im Rahmen eines mündlich vereinbarten, befristeten Anstellungsverhältnisses – allenfalls im Sinne eines Arbeitsversuchs – für die X GmbH gearbeitet und es sei überdies – schriftlich – vereinbart worden, dass er ab 4. Januar 2010 eine feste, unbefristete Anstellung erhalte. Die Versicherungsdeckung bestehe vorliegend aufgrund der Nachdeckung im Sinne von Art. 3 Abs. 2 UVG.

6.2 Die Beschwerdegegnerin erachtet ein Anstellungsverhältnis im Monat Dezember 2009 nicht als überwiegend wahrscheinlich erstellt. Dabei weist sie zum einen auf etliche Widersprüche und Ungereimtheiten hin, auf nicht identische Unterschriften auf Quittungen und Vertrag, auf unterschiedliche Daten für die Probezeit, aber auch auf die unterschiedlichen wöchentlichen Arbeitszeiten, zum andern stösst ihr auf, dass die Schadenmeldung erst erfolgt war, als die angebliche Arbeitgeberfirma bereits zu existieren aufgehört hatte und deren Organe nicht mehr hatten aufgefunden werden können, folglich nicht mehr zu den Widersprüchen und Ungereimtheiten Stellung nehmen konnten.

6.3

6.3.1 Würdigend ist vorab festzuhalten, dass es wirklich völlig unverständlich ist, dass ein Verunfallter ein Unfallereignis erst nach mehr als dreieinhalb Jahren dem Unfallversicherer gegenüber zur Anmeldung bringt. Dass dies in casu zudem erst einige Monate nach der Liquidation der angeblichen Arbeitgeberfirma resp. nach dem Verschwinden der Gesellschaftsorgane passierte, lässt den Verdacht aufkommen, man habe die Überprüfung der nicht widerspruchsfreien Belege für das angebliche Arbeitsverhältnis, das vor dem Ereignis bestanden haben soll, unter allen Umständen vermeiden wollen. Wäre alles so abgelaufen, wie der Beschwerdeführer die Gegenpartei und das Gericht glauben machen will, stellt sich nämlich ernsthaft die Frage, wieso er das Unfallereignis nicht viel früher zur Anmeldung brachte. Dem Strafurteil des Bezirksgerichts Bülach vom 9. März 2011 und den Belegen der Gemeinde Y, insbesondere einem Schreiben des Sozialdienstes Y, kann entnommen werden, dass der Beschwerdeführer von Februar resp. März 2010 bis April 2011 vollumfänglich von der Sozialhilfe gelebt habe, folglich in gewisser Weise auch durch den Sozialdienst beraten, gar etwas betreut wurde und dass er keine anderen Einkünfte erzielt habe, zufolge Arbeitsunfähigkeit auch keine Arbeitslosenentschädigung habe beanspruchen können. Bedenkt man in diesem Zusammenhang, dass gerade die Sozialdienste auf die Abklärung allfälliger Versicherungsleistungen, auf das allfällige Generieren anderer Einnahmequellen geradezu konditioniert sind und dass der Beschwerdeführer überdies als Geschädigter im Strafverfahren von einem routinierten Anwalt vertreten war, der ihm die entsprechende Anspruchslage sicherlich hätte erklären können, so erscheint das Zuwarten mit der Anmeldung beim Unfallversicherer als überhaupt nicht nachvollziehbar. Diesbezüglich darf nicht unterschlagen werden, dass das Exemplar des nachstehend näher umschriebenen Arbeitsvertrages, welches bei den Akten der SUVA liegt, sogar den Stempel von RA J, dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers im Strafverfahren, trägt. Hätte RA J damals auch handfeste Anhaltspunkte für ein vorbestehendes Arbeitsverhältnis gehabt, hätte er wohl auf eine umgehende Schadenmeldung beim Unfallversicherer gedrängt und diese wäre denn entsprechend auch spätestens im Frühjahr des Jahres 2011 erfolgt.

6.3.2 Zum behaupteten Arbeitsverhältnis im Monat Dezember 2009 ist im Übrigen zu beachten, dass die vorgelegten drei Quittungen fünf Arbeitstage vom 1. bis zum 5. Dezember 2009 bzw. 40 geleistete Arbeitsstunden, fünf Arbeitstage vom 14. bis zum 18. Dezember 2009 bzw. 42.5 geleistete Arbeitsstunden, schliesslich drei Arbeitstage vom 21. bis zum 23. Dezember 2009 resp. 25.5 geleistete Arbeitsstunden festhalten, dass der am 17. Dezember 2009 verfertigte bzw. unterzeichnete Arbeitsvertrag die Probezeit demgegenüber aber für die Zeit vom 7. Dezember bis zum 23. Dezember 2009 festsetzt. Zu beachten ist weiter, dass wohl von einer Fünftagewoche von Montag bis Freitag ausgegangen werden dürfte, dass der 5. Dezember im Jahre 2009 aber auf einen Samstag fiel. Zudem wurde in der fraglichen Woche gemäss Quittung zwar an fünf Tagen, nicht aber während der vereinbarten 42.5 Stunden gearbeitet. Vergleicht man die drei Quittungen mit dem Arbeitsvertrag, fällt auch dem Gericht auf, dass die für den Beschwerdeführer geleisteten Unterschriften auf den drei Quittungen zwar weitgehend identisch sind, dass diese aber nicht völlig mit der Unterschrift auf dem Vertrag übereinstimmen. Weiter fällt auf, dass die Quittungen zwar die Perioden, für welche die Zahlungen erfolgt sein sollen, enthalten, hingegen nicht datiert sind, man mithin nicht erfährt, wann genau die Zahlungen geleistet worden sein sollen. Zum fraglichen Arbeitsvertrag ist ergänzend zu beachten, dass die Klausel in Ziff. 9 Abs. 2: «Der Arbeitnehmer muss gegen Unfall gemäss Unfallversicherungsgesetz versichert sein», zumindest irritiert, könnte man diese doch so verstehen, dass der Arbeitnehmer für den entsprechenden Versicherungsschutz selbst die Verantwortung trage. Noch irritierender für einen Arbeitsvertrag in der Baubranche im weitesten Sinne ist der in Ziff. 13 enthaltene Verweis auf die Bestimmungen des kantonalen Normalarbeitsvertrages für die landwirtschaftlichen Arbeitsverhältnisse. Der Umstand schliesslich, dass Ziff. 15 des Vertrages mitten in einem Satz – und in der Mitte einer A4-Seite – einfach aufhört und dass danach nichts mehr folgt, vertieft noch den Eindruck, dass vorliegend einfach etwas zusammenkopiert wurde. Festzustellen ist jedenfalls, dass hinsichtlich des behaupteten Arbeitsverhältnisses im Dezember 2009 etliche Widersprüche und Ungereimtheiten bestehen.

6.3.3 Im Weiteren ist festzustellen, dass die aktenkundigen Steuerdokumente keinerlei Hinweise auf im Dezember 2009 erzieltes Einkommen zulassen. Wie die Beschwerdegegnerin unwidersprochen darlegte, wurde der Beschwerdeführer zu keiner Zeit als Arbeitnehmer der X GmbH bei ihr registriert und es konnten auch keine entsprechenden IK-Auszüge für Dezember 2009 ausfindig gemacht werden. Der Kontenzusammenruf der Zuger Ausgleichskasse ergab eine beitragspflichtige Betätigung im Dienste der Z AG für den Februar 2009, einen durch die U AG abgerechneten Verdienst in den Monaten September und Oktober 2009, schliesslich einen über die V AG abgerechneten Verdienst für das ganze Jahr 2009 im Betrage von Fr. 3'393.–. Allerdings ist ein Arbeitsverhältnis mit der V AG konkret für den Dezember 2009 weder belegt noch behauptet und ein solches würde auch nicht zwingend für einen Versicherungsschutz durch die SUVA sprechen. Über die X GmbH wurde jedenfalls nachweislich zu keiner Zeit ein Lohn abgerechnet. Soweit der Beschwerdeführer das Gericht informierte, dass auch er sich um IK-Auskünfte bemühte, führt auch dies nicht zu einer anderen Sachbeurteilung. Wie bereits in Erwägung 6.3.1 ausgeführt, kann die Arbeitgeberin, können deren Organe, da nicht auffindbar, nicht mehr zur Sache befragt werden.

6.4 Glaubt der Beschwerdeführer, mit dem Nennen von eingestandenermassen nicht auffindbaren Zeugen seiner Mitwirkungspflicht Genüge getan zu haben mit der Konsequenz, dass es nun im Rahmen der Untersuchungsmaxime Aufgabe von Verwaltung und/oder des Gerichts sei, die entsprechenden Beweise doch noch erhältlich zu machen, andernfalls zu seinen Gunsten zu entscheiden sei, so irrt er. Es ist ihm vielmehr entgegenzuhalten, dass es nicht die Aufgabe von Verwaltung und Gericht sein kann, aufwendig nach nicht auffindbaren Zeugen zu suchen, um damit die Position des beweispflichtigen Leistungsansprechers zu stützen. Entsprechend ist unter Verweis auf Erwägung 3.5 noch einmal in Erinnerung zu rufen, dass der Entscheid im Falle der Beweislosigkeit zulasten der Partei ausfällt, welche aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten möchte. Das ist in casu der Beschwerdeführer, der ja Versicherungsleistungen erhältlich machen möchte.

6.5 Zusammenfassend ist festzustellen, dass die in den Erwägungen 6.3.1 bis 6.4 aufgelisteten Ungereimtheiten und Widersprüche vor dem Hintergrund der langen Latenz bei der Unfallmeldung und angesichts der Unmöglichkeit, die aufgelisteten Ungereimtheiten überhaupt noch überprüfen zu können, zum Schluss führen, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer einerseits und der im Juni 2013 liquidierten X GmbH andererseits für den Monat Dezember 2009 nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht als erstellt gilt. Wie die vorgelegten, widersprüchlichen und nicht überzeugenden Papiere in diesem Zusammenhang und aus strafrechtlicher Sicht zu qualifizieren wären, ist dabei unerheblich. Das Bestehen eines solchen Arbeitsverhältnisses gilt jedenfalls als allerhöchstens möglich, nach dem Dafürhalten des Gerichts indes als wenig wahrscheinlich. Damit erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet und sie ist vollumfänglich abzuweisen.

(...)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. August 2015 S 2014 170

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