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Art. 25 Abs. 1 KVG, Art. 26 KVG und Art. 32 Abs. 2 KVG; Art. 13d KLV

Art. 32 Abs. 1 KVG

Regeste:

Art. 32 Abs. 1 KVG – Sind im Zeitpunkt der prospektiven Risikenbeurteilung hinsichtlich einer  Kostengutsprache für eine Kniearthroskopie im ambulanten oder aber im  stationären Rahmen keine besonderen gesundheitlichen Risiken bekannt, ist eine Spitalbedürftigkeit unter dem Aspekt der Kriterien «Wirksamkeit, Zweckmässigkeit, Wirtschaftlichkeit» zu verneinen.

Aus dem Sachverhalt:

I., Jahrgang 1946, litt unter einer Meniskusläsion rechts und sollte sich am 29. November 2012 und unter stationären Bedingungen in der Klinik Y. in N. einer Kniearthroskopie unterziehen. Im Rahmen der Klärung der Kostengutsprache durch die Krankenkasse X. (in der Folge X. genannt) wurde seitens der Versicherten und zur Begründung für den Akut-Spitalaufenthalt darauf hingewiesen, dass es sich bei ihr um eine Risikopatientin handle, dass sie unter Hypertonie leide, einen erhöhten BMI aufweise und auch bereits in fortgeschrittenem Alter sei. Der Vertrauensarzt der X. erachtete den stationären Aufenthalt für die Durchführung der Arthroskopie gleichwohl als nicht erforderlich und am 19. Dezember 2012 lehnte die X. die Übernahme der Kosten für den Spitalaufenthalt ab. Die am 8. Januar 2013 erfolgte und mit Schreiben des behandelnden Arztes, Dr. B., gleichentags begründete Einsprache, mit welcher darauf hingewiesen wurde, dass bereits 2009 eine Arthroskopie unter stationären Bedingungen habe erfolgen müssen, wurde mit Entscheid 25. Juli 2013 abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Indikation für eine Kniearthroskopie werde nicht in Abrede gestellt. Allerdings würden die medizinischen Unterlagen die Notwendigkeit eines stationären Aufenthalts bzw. eine Spitalbedürftigkeit nicht belegen. Auch die vorbestehenden Pathologien sprächen nicht für eine Spitalbedürftigkeit. Da die Arthroskopie auch ambulant hätte durchgeführt werden können, würden die Kosten für den stationären Aufenthalt im Betrage von Fr. 9'888.45 nicht übernommen.

Aus den Erwägungen:

(...)

3.
3.1 Die obligatorische Krankenversicherung übernimmt nach Art. 24 KVG die Kosten für die Leistungen gemäss den Artikeln 25 bis 31 KVG, und zwar nach Massgabe der Bestimmungen von Art. 32 bis 34 KVG. Nach Art. 25 Abs. 1 KVG werden die Kosten für diejenigen Leistungen übernommen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit resp. ihrer Folgen dienen. Artikel 25 Abs. 2 lit. a KVG nennt als entsprechende Leistungen die Untersuchungen und Behandlungen, die ambulant, stationär oder in einem Pflegeheim durchgeführt werden sowie die Pflegeleistungen in einem Spital. Artikel 25 Abs. 2 lit. d KVG erwähnt Rehabilitationsmassnahmen und lit. e desselben Artikels hält fest, dass für den Aufenthalt im Spital der Standard der allgemeinen Abteilung ausschlaggebend sei. Artikel 32 Abs. 1 KVG besagt schliesslich, die Leistungen nach Art. 25 bis 31 KVG müssten wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein, wobei die Wirksamkeit nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein müsse. Sodann müssten die Wirksamkeit, die Zweckmässigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Leistungen periodisch überprüft werden.

3.2 Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit gehören zu den grundlegenden, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen einer jeden Leistung. Sie stellen die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen dar. Zweck von Art. 32 KVG ist die Sicherstellung einer effizienten, qualitativ hochstehenden und zweckmässigen Gesundheitsversorgung zu möglichst günstigen Kosten. Die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit muss nach dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Therapie beurteilt werden, wobei den Ärzten ein gewisser Ermessensspielraum zusteht (Gebhard Eugster, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum KVG, Zürich 2010, S. 198). Eine Leistung gilt als wirksam, wenn sie objektiv geeignet ist, auf den angestrebten medizinischen Nutzen hinzuwirken bzw. wenn sie den Verlauf einer Krankheit günstig beeinflusst. Der Begriff Wirksamkeit löst denjenigen der wissenschaftlichen Anerkennung ab, die nach schulmedizinischen Kriterien beurteilt wurde, und soll Raum auch für die Komplementärmedizin schaffen. Zum Nachweis der Wirksamkeit bzw. der Wirkung einer Behandlungsmethode reicht es nicht aus, diese retrospektiv und aufgrund der jeweiligen konkreten Behandlungsergebnisse zu beurteilen. Dies gilt auch für die nicht schulmedizinischen Behandlungsmethoden. Hingegen kann ein Wirksamkeitsnachweis auch mittels Statistik erbracht werden. Der Wirksamkeitsnachweis gilt in der klassischen universitären Medizin als erbracht, wenn die Behandlungsmethode für das in Frage stehende Behandlungsziel wissenschaftlich anerkannt ist, d.h. von Forschern und Praktikern auf breiter Basis akzeptiert wird. Dabei muss die Methode auf soliden, ausreichenden experimentellen Unterlagen beruhen. Die Wirkung der Therapie muss nach naturwissenschaftlichen Kriterien objektiv feststellbar, der Erfolg reproduzierbar und der Kausalzusammenhang zwischen dem therapeutischen Agens und seiner Wirkung ausgewiesen sein. Auch die Erfolgsdauer kann ein wesentlicher Wirksamkeitsfaktor sein. Für die Komplementärmedizin reicht der Nachweis der Wirksamkeit im Sinne der «effectiveness» aus. Sie muss indes in einer so hohen Anzahl von Behandlungsfällen feststellbar sein, dass sich die Ergebnisse nicht mehr durch die natürlichen Selbstheilungskräfte oder die Suggestivität der Behandlung (Placebo-Effekt) allein erklären lassen (Gebhard Eugster, a.a.O., S. 199 f.). Die Zweckmässigkeit setzt die Wirksamkeit voraus und versteht sich als die angemessene Eignung im Einzelfall. Sie ist das Auswahlkriterium bei mehreren wirksamen Behandlungsalternativen. Zweckmässig ist jene Anwendung, welche gemessen am angestrebten Erfolg und unter Berücksichtigung der Risiken den besten diagnostischen oder therapeutischen Erfolg aufweist. Die Beurteilung der Zweckmässigkeit richtet sich grundsätzlich nach objektiven medizinischen Kriterien. Ist eine Indikation medizinisch ausgewiesen, ist sie auch zweckmässig. Fehlt die Indikation für eine Massnahme, kann nur der Verzicht darauf zweckmässig sein. Der Behandlungserfolg muss, prognostisch gesehen, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein. Die Erfolgsaussichten müssen somit real, dürfen nicht ganz gering sein. Die Zweckmässigkeit und die Notwendigkeit einer Behandlung beurteilen sich prospektiv nach der begründeten Erwartung eines bestimmten Erfolges. Können sie ex ante bejaht werden, ist unbeachtlich, wenn sich die Behandlung ex post als unnötig, unzweckmässig oder erfolglos erwies. Andererseits vermag der Erfolg einer Behandlung eine Nichtpflichtleistung nicht in eine Pflichtleistung umzuwandeln (Gebhard Eugster, a.a.O., S. 200 f.). Die Wirtschaftlichkeit schliesslich setzt die Wirksamkeit und Zweckmässigkeit voraus. Sie ist das massgebliche Kriterium zur Auswahl unter den zweckmässigen Behandlungsalternativen. Wirtschaftlich ist bei vergleichbarem medizinischem Nutzen die kostengünstigere Alternative. Unnötige Massnahmen und solche, die durch weniger kostspielige ersetzt werden können, sind daher nicht kassenpflichtig. Eine vergleichsweise grössere medizinische Zweckmässigkeit kann aber auch die Übernahme einer teureren Applikation rechtfertigen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot bezieht sich alsdann nicht nur auf Art und Umfang der durchzuführenden diagnostischen und therapeutischen Massnahmen, sondern auch auf die Behandlungsform, insbesondere die Frage, ob eine bestimmte Massnahme ambulant oder stationär durchzuführen sei und in welche Anstalt bzw. welche Abteilung eine versicherte Person vom medizinischen Standpunkt her gehört. Beim Kostenvergleich sind die Tarife massgebend bzw. es geht einzig um die Höhe der für die obligatorische Krankenpflegeversicherung anfallenden Kosten. Sodann muss der Kostenunterschied zwischen möglichen Alternativen deutlich sein. Wo es keine Alternativen gibt, ist das Verhältnis von Kosten und Nutzen zu ermitteln, wobei nur ein grobes Missverhältnis eine Leistungsverweigerung rechtfertigen kann (Gebhard Eugster, a.a.O., S. 201 ff.).

3.3 Zur Spitalbedürftigkeit hält die Lehre fest, der Anspruch auf stationäre Leistungen erfordere einen behandlungsbedürftigen Gesundheitsschaden, einen Aufenthalt in einem Spital und eine Spitalbedürftigkeit. Diese liege vor, wenn eine Behandlung wegen der apparativen oder personellen Anforderungen notwendigerweise in einem Spital zu erfolgen habe. Sie kann auch gegeben sein, wenn nach erfolgter ambulanter Behandlung nur noch eine Hospitalisation Erfolg verspricht, weil die ambulanten Therapiemöglichkeiten erschöpft sind. Spitalbedürftigkeit kann sodann vorliegen, wenn diagnostische Abklärungen Spitalbedingungen erfordern oder wenn die Behandlung wegen besonderer persönlicher Lebensumstände im Spital durchzuführen ist. Die unter dem alten KUVG noch übliche Formulierung, Spitalbedürftigkeit könne bejaht werden, wenn der Krankheitszustand des Versicherten nicht unbedingt eine ärztliche Behandlung, sondern nur den Aufenthalt im Spitalmilieu erfordere, trifft aktuell nicht mehr zu, da Pflegeheime heute rechtlich nicht mehr zu den Spitälern zählen. Spitäler nach Art. 39 Abs. 1 KVG sind Akutspitäler oder Rehabilitationskliniken für die medizinische Rehabilitation nach einer Akuterkrankung. Ob das Heilen oder das Pflegen im Vordergrund steht, ist neurechtlich mithin sehr wohl von Belang. Schliesslich ist die Dauer eines Spitalaufenthalts auf das erforderliche Mass zu beschränken, darf aber nicht zum Voraus fix begrenzt werden, sondern soll während des Aufenthalts laufend prospektiv kontrolliert werden. Dass eine stationäre Behandlung auf ärztlicher Einweisung beruht, reicht zur Bejahung der Spitalbedürftigkeit nicht aus. Schliesslich rechtfertigt der Heilungserfolg die nachträgliche Bejahung der nicht gegebenen Spitalbedürftigkeit nicht (Gebhard Eugster, a.a.O., S. 146 ff.).

3.4 Die Aufgaben der Vertrauensärztinnen und Vertrauensärzte sind in Art. 57 KVG umschrieben. In erster Linie geht es darum, dass sie den Krankenversicherern ihre Sachkunde, namentlich zur Kontrolle der Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung, zur Verfügung stellen. Dabei soll das therapeutische Ermessen des behandelnden Arztes respektiert werden. Indes soll der Vertrauensarzt die divergierenden Interessen der Versicherten, der Versicherer und der Leistungserbringer in vernünftiger Weise ausgleichen. Er selbst ist indes nicht berechtigt, verbindliche Kostengutsprachen zu gewähren, den behandelnden Ärzten Weisungen zu erteilen oder die Patienten selbst zu behandeln. Die vertrauensärztlichen Stellungnahmen haben Gutachterfunktion, sind für Richter und Versicherer aber nur unverbindliche Meinungsäusserungen bzw. Empfehlungen. In Schriftform abgegeben haben die Berichte den gleichen Beweiswert wie verwaltungsinterne Arztberichte und Gutachten eines öffentlichen UVG-Versicherers. Den Aktengutachten der Vertrauensärzte kommt voller Beweiswert zu, wenn der Gutachter aufgrund der Unterlagen mit ausreichenden, auf persönlichen Untersuchungen beruhenden ärztlichen Beurteilungen ein gesamthaft lückenloses Bild erhält. Die vertrauensärztliche Zustimmung zu einer Behandlung ist für den Versicherer nicht conditio sine qua non, sie stellt auch keine formelle Anspruchsvoraussetzung dar. Im Weiteren ist die Weisungsunabhängigkeit der Vertrauensärzte zu betonen. Vertrauensärzte sind weder Interessevertreter der Versicherer, der Versicherten noch der Leistungserbringer. Zum Schutze der Persönlichkeitsrechte des Versicherten soll ein Vertrauensarzt dem Versicherer, bzw. der Verwaltung schliesslich nur soviel an Informationen zukommen lassen, als für die Beurteilung des Leistungsanspruchs nötig ist (Gebhard Eugster, a.a.O., S. 400 bis 406, mit vielen weiteren Hinweisen).

(...)

5. In medizinischer Hinsicht ergibt sich aus den dem Gericht vorliegenden Akten das Folgende:

5.1 Das Ersuchen Dr. B., FMH für orthopädische Chirurgie, an die X. um Kostengutsprache erfolgte am 14. November 2012 auf einem A-6 Zettel und enthielt den Namen und die Versicherten-Nummer der Patientin, den Hinweis auf eine Meniskusläsion rechts, auf eine Kniearthroskopie rechts sowie die Bitte, Kostengutsprache für die OP vom 29. November 2012 zu erteilen (vgl. X.-Beil. Nr. 1). Diesem Zettel beigelegt war wahrscheinlich der Bericht der Uniklinik B. vom 12. November 2012, für diese Dr. med. P., Oberarzt, über die MRI-Untersuchung des rechten Knies. Beurteilend wird darin von einem kleinen radiären Riss in der Pars intermedia des medialen Meniskus, einem ausgedünnten Gelenksknorpel im medialen Kompartiment, von oberflächlichen Knorpeldefekten medialseitig caudal an der Trochlea femoris, von einem mittelschweren Knorpeldefekt am Patelladom, einem leicht degenerierten vorderen Kreuzband sowie einer leichten Reizung des medialen Kollateralbandes gesprochen (vgl. X.-Beil. Nr. 10 S. 03/03). Am 16. November 2012 deponierte die Klinik Y. in N. ein Kostengutsprache-Gesuch für einen stationären Aufenthalt, Eintrittsdatum 29. November 2012, für eine Kniearthroskopie rechts und wies darauf hin, dass die Patientin halbprivat versichert sei (vgl. X.-Beil. Nr. 3). Am 19. November 2012 gewährt die X. Kostengutsprache für eine ambulante Kniearthroskopie (vgl. X.-Beil. Nr. 5). Der von Dr. B. ausgefüllte «Fragebogen-Spitalaufenthalt» enthält die Diagnosen einer medialen Meniskusläsion bei Hinweis auf eine MRI-Kopie sowie multipler Nebendiagnosen bei Hinweis auf den Hausarztbericht, sodann als Begründung für den Akut-Spitalaufenthalt die Stichworte: Risikopatientin, Hypertonie, BMI erhöht, Alter (vgl. X.-Beil. Nr. 5 S. 03/07). Dem Hausarztbericht von Dr. E. vom 22. November 2012 sind die Diagnosen einer medialen Meniskusläsion rechts zur Operation, einer Hypertonie, einer rezidivierenden Refluxkrankheit, eines Hallux valgus rechts ausgeprägter als links, eines rezidivierenden Lumbovertebralsyndroms und einer Adipositas (BMI 30,5) zu entnehmen. Nach Wiedergabe der Befunde bzw. des Allgemeinstatus (vgl. Erw. 4.3.1 am Anfang) wird beurteilend bemerkt, die Patientin sei für den bevorstehenden Eingriff in Regionalanästhesie wie in Narkose uneingeschränkt operabel (vgl. X.-Beil. Nr. 5 S. 04 und 05/07). Am 27. November 2012 mailte Vertrauensarzt Dr. S. an die X., die vorliegenden Berichte mit Erwähnung der Komorbiditäten rechtfertigten einen stationären Aufenthalt nicht. Stunden später ergänzt er, die Operationsindikation als solche werde nicht in Abrede gestellt. Dass ein BMI von 30 und eine arterielle Hypertonie ein erhöhtes intra- oder postoperatives Risiko darstellen könnten, sei klar. Dieses Risiko werde durch einen stationären Aufenthalt nicht kleiner. Fest stehe, dass präoperativ bzw. primär ein stationärer Aufenthalt als nicht gerechtfertigt erscheine. Je nach Operationsverlauf könne sich ein solcher indes manifestieren (vgl. X.-Beil. Nr. 24). Mit Mail vom 29. November 2012 ergänzte Dr. S., Voraussetzung sei in casu, dass die Operation am Morgen erfolgen könne. Die Hospitalisationsindikation werde sich erst aufgrund des intra- oder postoperativen Verlaufs definitiv zeigen (vgl. X.-Beil. Nr. 25). Am 8. Januar 2013 führte Dr. B. unter anderem aus, er habe dem Vertrauensarzt zwar zu erklären versucht, worum es gehe, da dieser aber kein orthopädischer Chirurg sei, begreife er offenbar nicht, was bei einer Kniearthroskopie gemacht werde. Dann verwies er im Wesentlichen darauf, dass er bei derselben Patientin am 13. Februar 2009 in der Klinik Y. in N. eine stationäre Kniearthroskopie durchgeführt habe. Damals habe nicht nur ein Meniskus saniert, sondern auch ein Knorpelschaden mit Microfracturing behandelt und eine Redon-Drainage appliziert werden müssen, da es bei diesem Vorgehen zu Nachblutungen kommen müsse. Das aktuelle MRI zeige einen radiären Riss am medialen Meniskus, der stark schmerzhaft sei, sowie ein ausgedünnter Gelenksknorpel im medialen Kompartiment mit oberflächlichen Knorpeldefekten. Entsprechend seien überwiegend wahrscheinlich ein Microfracturing und anschliessend eine Redon-Drainage notwendig. Es sei für die 67-jährige (recte: 66-jährige) Patientin unzumutbar, die Klinik mit der Drainage zu verlassen. Das Risiko bestehe darin, dass man irgendwo hängenbleibe und das Redon entfernt werde. Dies könne zu weiteren Nachblutungen im Gelenk und zu einem erhöhten Infektrisiko, letzteres wiederum eventuell nachts zu einem Notfall führen. Vor diesem Hintergrund sei der Entscheid, die stationäre Behandlung abzulehnen, nicht sinnvoll. Zum Schluss äusserte Dr. B. noch einmal, der Vertrauensarzt sei offensichtlich kein orthopädischer Chirurge bzw. ihm fehle überwiegend wahrscheinlich der geforderte Sachverstand (vgl. X.-Beil. Nr. 10). Am 11. Februar 2013 wiederholte die Klinik Y. in N. ihr Kostengutsprache-Gesuch für eine stationär durchgeführte Kniearthroskopie rechts (vgl. X.-Beil. Nr. 12). Doktor S. teilte der Versicherung am 13. Februar 2013 per Mail mit, die Rücksprache bei einem Chefarzt einer grossen orthopädischen Klinik eines Kantonsspitals habe ergeben, dass die vorbestehenden Pathologien keinen stationären Aufenthalt rechtfertigten (vgl. X.-Beil. Nr. 27). Die Beschwerdegegnerin eröffnete Dr. B. am 18. Februar 2013, der Vertrauensarzt habe die Unterlagen noch einmal geprüft und komme nach Rücksprache mit einem Chefarzt einer grossen orthopädischen Klinik zum Schluss, die Kniearthroskopie unter stationären Bedingungen sei abzulehnen, da die vorbestehenden Pathologien einen stationären Aufenthalt nicht rechtfertigten. Entsprechend werde sie einen Einspracheentscheid erlassen (vgl. X.-Beil. Nr. 13). Am 20. Februar 2013 fragte Dr. B., was dem Chefarzt mitgeteilt worden sei, wer dieser Chefarzt sei und wie dieser argumentiere bzw. begründe (vgl. X.-Beil. Nr. 15). Der Operationsbericht vom 22. Februar 2013 hält fest, der geschädigte Meniskusanteil im Hinterhornbereich sei mit diversen Stanzen sukzessive abgetragen und der Randsaum mit dem Shaver geglättet worden. Auch die herabhängenden Knorpelfragmente seien geshavt worden. Anschiessend seien mit dem Micro-Fracturing-Instrumentarium in üblicher Art und Weise kleine Löcher am Condylus angebracht worden. Schliesslich seien das Gelenk gespült, die Inzisionen mit Einzelknopfnähten verschlossen und eine Redondrainage gesetzt worden. Für das Procedere wurde unter anderem auf eine Teilbelastung bis zu 20 kg resp. auf Gehstöcke für sechs Wochen verwiesen und ergänzend erklärt, die verzögerte Behandlungsmöglichkeit habe überwiegend wahrscheinlich zu einer Ausweitung des Meniskusrisses und zu vermehrter Knorpelschädigung geführt (vgl. X.-Beil. Nr. 15 S. 02 und 03/03). Mit Mail vom 5. März 2013 teilte Vertrauensarzt Dr. S. dem Operateur Dr. B. unter anderem mit, er habe im internen Forum der Vertrauensärzte die Frage gestellt, ob hier ein stationäres Setting zwingend indiziert sei. Er habe auf das Alter, den BMI und die gut eingestellte arterielle Hypertonie, auf die erstellten Diagnosen gemäss MRI und darauf, dass eventuell ein Microfracturing mit anschliessender Redondrainage geplant sei, hingewiesen. Der Tenor der Antworten habe seine ablehnende Haltung gestützt. Doktor B. könne gerne mit Dr. D. in Winterthur Kontakt aufnehmen (vgl. X.-Beil. 16). Mit Schreiben vom 16. April 2013 wies die X. die Versicherte unter anderem darauf hin, die dem Vertrauensarzt vorgelegten Akten hätten keine medizinische Indikation für einen stationären Aufenthalt ergeben. Der orthopädische Chirurg, Dr. D. habe den Vertrauensarzt in dieser Auffassung bestätigt. Sodann wurde ergänzt, mittlerweile seien viele Eingriffe, die früher stationär erfolgt seien, dem medizinischen Fortschritt zufolge, ambulant durchführbar. Dazu gehöre auch die Kniearthroskopie (vgl. X.-Beil. Nr. 18). Mit Schreiben vom 6. Mai 2013 äusserte Dr. B., Dr. S. habe einen Fehlentscheid ge-troffen. Auch könne man nicht auf Dr. D. abstellen. Dieser sei in der Orthopädengesellschaft ein Aussenseiter, der sich mit unwissenschaftlich fundierten Behauptungen einen Ruf geschaffen habe und zufolge fachlicher Inkompetenz aus der Expertengruppe «Knie und Kniechirurgie» der Orthopäden-Gesellschaft ausgeschieden sei. Dass ein solcher Pseudoexperte eine Krankenkasse fachtechnisch unterstütze, sei für alle orthopädischen Chirurgen nicht nachvollziehbar. Er empfehle der X. dringend, einen besseren Experten zu suchen (vgl. X.-Beil. Nr. 29).

5.2 Vertrauensarzt Dr. S. startete am 12. Februar 2013 im Internet, konkret im Forum der Schweizerischen Gesellschaft der Vertrauensärzte eine Anfrage (vgl. Erw. 5.1) und erhielt etliche Antworten. 14 Antworten sind in den Akten, anonym, wiedergegeben. Von den elf Wortmeldungen, die direkt oder indirekt zur konkreten Indikation einer stationären Behandlung Stellung nehmen, sprechen sich neun mehr oder weniger deutlich gegen die stationäre Behandlung in casu aus. Zur Begründung wird einmal gesagt, wenn alle möglichen Komplikationen bereits als gegeben angerechnet werden müssten, müsste sogar jede Gastroskopie stationär durchgeführt werden. Zudem sei auch ein Redon ohne weiteres ambulant handelbar. Sodann äussert jemand, Meniskektomien, Teilsynovektomien, Gelenkskörperentfernungen, Microfracturing etc. würden in der Regel ambulant, Kreuzbänderoperationen stationär durchgeführt. Nur bei sehr alten Patienten könnten ausnahmsweise wegen der Nachbetreuung stationär bleiben. Andernorts wird erklärt, bei unter 75-jährigen Patienten komme eine stationäre Behandlung nicht in Frage und Redons sollten nicht länger als sechs Stunden getragen werden, könnten folglich gleichentags entfernt werden. Eine weitere Stimme sieht keine Indikation für eine Redoneinlage, verweist auf das Journal of Bone and Joint-Surgery, nach welchem in den USA 99 % aller Kniearthroskopien ambulant erfolgen würden und zitiert das Sozialversicherungsgericht Zürich, demgemäss Kniearthroskopien ambulant und stationär als wirksam und zweckmässig gelten würden, so dass das Kriterium der Wirtschaftlichkeit für die kostengünstigere Variante spreche. Wiederum andernorts wird erläutert, bei einer 67-jährigen (recte: 66-jährigen) Patientin mit BMI 30 sei ein Microfracturing einem einfachen Knorpeldebridement nicht überlegen. Das Microfracturing sei vorliegend nicht indiziert, vielmehr kontraindiziert. Er, der Antwortende, habe in 27 Jahren über 10'000 ambulante arthroskopische Eingriffe gemacht und nie ein Redon gelegt. Das sei selbst bei Patienten unter Aspirin cardio oder unter Thromboseprophylaxe nicht notwendig. Mehrere Personen weisen auf die finanziellen Anreize einer stationären Behandlung hin und sprechen von einem Trauerspiel, spätestens seit der Einführung der Fallpauschalen. Zwei Stimmen sehen eine ambulante Behandlung bei intraartikulärem Redon als zu riskant. Zwar könne auch ein Hausarzt ein Redon entfernen. Es gebe aber multifaktorielle Risiken, wie zum Beispiel die Fehlmanipulation durch den Patienten (vgl. X.-Beweismittelverzeichnis Beilage 1). Mit Schreiben vom 2. Oktober 2013 äusserte Vertrauensarzt Dr. D., FMH für orthopädische Chirurgie, seine Äusserungen basierten auf seiner 28-jährigen Erfahrung mit eigenem Praxisoperationssaal. Seit Ende 1985 habe er jährlich 350 bis 400 ambulante arthroskopische Eingriffe im Kniegelenk durchgeführt. Mittlerweise seien es über 10'000. Anfänglich habe es einige wenige stationär durchgeführte Eingriffe gegeben, seit 10 Jahren aber keine mehr. Er habe auch viele mit dem vorliegenden Fall vergleichbare Fälle erlebt. Er habe nie ein Redon gelegt, zumal neuere Studien dessen Nutzen widerlegt hätten. Dass die Indikation zur Redoneinlage vor allem gestellt werde, um eine stationäre Behandlung zu begründen, sei bekannt. Doktor D. verwies sodann auf das obig bereits angesprochene amerikanische Chirurgen-Journal sowie auf einen nicht näher umschriebenen Gerichtsentscheid. Zum konkreten Fall führte Dr. D. aus, das Microfracturing sei keine anerkannte Indikation für die operative Behandlung einer Arthrose. Diese Methode sei ursprünglich bei jüngeren Patienten mit engumschriebenen, tiefen Knorpelschädigungen nach Unfällen als indiziert anerkannt worden. Allerdings liege nach der Literatur auch für diese Patienten kein Nutzennachweis vor. Diese Methode nun auf eine 66-jährige Patientin mit BMI 30 und offensichtlich unvollständiger chondraler Abnützung zu übertragen, sei nicht nachvollziehbar. Dass das gleiche Vorgehen bei der gleichen Patientin drei Jahre zuvor bereits einmal praktiziert worden sei, spreche nicht dafür, dass es sich um eine notwendige medizinische Begleitmassnahme handle. Nach seiner Erfahrung würde ein Knorpeldebridement alleine ausreichen. Zum Schluss äusserte sich Dr. D. zu den Finanzierungsanreizen und fasste seine Auffassung noch einmal zusammen (vgl. X.-Beweismittelverzeichnis Beilage 2). Am 17. Oktober 2013 mailte Dr. Z. an Dr. S., die Expertengruppe Knie sei neu strukturiert worden. Bedingung für die Mitgliedschaft sei neu, dass man mindestens 70 % der Tätigkeit mit Kniechirurgie verbringe. Aus diesem Grunde seien etliche Mitglieder ausgeschieden. Allerdings sei niemand zufolge Inkompetenz ausgeschlossen worden (vgl. X.-Beweismittelverzeichnis Beilage 3).

5.3 Die Akten der Beschwerdeführerin enthalten ein Schreiben vom 2. Oktober 2013 von Dr. B. an den RA der I. Dessen Inhalt fand fast wörtlich Eingang in die Rechtsschriften des Anwalts, so dass es nicht separat wiedergegeben werden muss.

6. Diese Akten und Fakten sind nun nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu würdigen.

6.1 Die Beschwerdeführerin zweifelt an der Beweiskraft der Feststellungen des Vertrauensarztes der Beschwerdegegnerin und lässt zwei Bundesgerichtsentscheide aus dem Unfallversicherungsbereich zitieren, in welchen es unter anderem darum ging, ob für die Zusprache bzw. die Verweigerung von Leistungen auf verwaltungsinterne Arztberichte abgestellt werden könne (BGE 122 V 157 und 135 V 465). Das Bundesgericht hielt in beiden Entscheiden fest, dass es keinen Anspruch auf externe Begutachtung gebe, dass eine solche indes anzuordnen sei, wenn auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen bestünden. Die Frage stellt sich nun, ob diese Praxis vorliegend von Belang ist, auch wenn feststeht, dass schriftliche vertrauensärztliche Berichte grundsätzlich den verwaltungsinternen Arztberichten in anderen Sozialversicherungsbereichen gleichgestellt sind (vgl. Erw. 3.4). Zu beachten ist, dass es bei den ärztlichen Beurteilungen im IV- und UV-Bereich um Befunderhebung, um das Stellen von Diagnosen sowie um die Einschätzung der trotz Beeinträchtigung noch verbleibenden Leistungsfähigkeit geht, was in der Regel mit einer persönlichen Untersuchung verbunden ist. Demgegenüber hat der Vertrauensarzt einer Krankenkasse im Normalfall keine Befunde zu erheben und keine eigenen Diagnosen zu stellen. Vielmehr hat er lediglich aufgrund der vorliegenden Berichte zu prüfen, ob die Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit nach Art. 32 Abs. 1 KVG im Einzelfall und hinsichtlich der beantragten Leistung zu bejahen sind. Da vorliegend Wirksamkeit und Zweckmässigkeit einer Kniearthroskopie – sei es ambulant oder stationär – nicht in Frage stehen, geht es nur noch um das Kriterium der Wirtschaftlichkeit bzw. konkret der Spitalbedürftigkeit im Zusammenhang mit der fraglichen Kniearthroskopie. Der Vertrauensarzt musste mithin zuhanden der Beschwerdegegnerin einzig entscheiden, ob die zur Begründung des stationären Aufenthalts angeführten Gründe ausreichen, um einen solchen bewilligen zu können. Konkret musste er beurteilen, ob die angesprochenen Komplikationsrisiken ex ante beurteilt dergestalt wahrscheinlich seien, dass eine Hospitalisation zum voraus als notwendig beurteilt werden müsse. Unter Beizug eines entsprechenden Facharztes nahm der Vertrauensarzt der Beschwerdegegnerin diese Beurteilung vor, was nicht zu beanstanden ist. Dass er sich im Übrigen im Forum der Vertrauensärzte rückversichern wollte, ob diese Meinung geteilt werde, ist ebenfalls nicht zu beanstanden, kann den fraglichen Forumsantworten auch keine eigenständige Bedeutung zuerkannt werden. Immerhin bringen diese Antworten zum Ausdruck, dass auch andere Ansichten als jene des Operateurs in casu vertreten werden, vertreten werden können und letzteres ist denn auch unbestritten. Dass die vom Vertrauensarzt geäusserte, von der Beschwerdegegnerin vertretene Auffassung nicht mit jener des Operateurs Dr. B. korrespondiert, lässt nach Ansicht des Gerichts noch keine Zweifel an deren Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit aufkommen. Andernfalls müssten solche Zweifel ja bei jeder Meinungsdifferenz zwischen einem Vertrauensarzt und einem behandelnden Arzt bzw. bei jeder Leistungsablehnung – insbesondere ohne Untersuchung der versicherten Person – bejaht werden mit der Folge, dass in all diesen Fällen externe Begutachtungen in Auftrag zu geben wären. Diese Haltung findet in Lehre und Rechtsprechung keine Stütze.

6.2 Für das Gericht entbehrt der Vorwurf Dr. B.s an die Adresse von Dr. D., dieser sei völlig inkompetent, jeglicher Grundlage, zumal eine andere Meinung nicht immer auf Unkenntnis oder Unfähigkeit schliessen lässt. Nachdem der Vorwurf Dr. B.s, der von der Versicherung beigezogene Dr. D. sei zufolge Inkompetenz aus der Expertengruppe Knie und Kniechirurgie ausgeschlossen worden, durch die Einwände der Beschwerdegegnerin und durch das Zeugnis von Dr. Z. offensichtlich entkräftet werden konnte, hat das Gericht keine Veranlassung, dem weiter nachzugehen. Sodann sieht sich das Gericht auch nicht gehalten, der Motivation Dr. B. und der Klinik Y. in N., für ein Kostengutsprache-Gesuch für einen stationären Aufenthalt weiter nachzuforschen oder sich über die Folgen der Einführung des KVG im Jahre 1994 bzw. der Kostenpauschalen vor Jahresfrist auszulassen. Soweit beide Parteien die Anrufung des Strafrichters ansprachen, ist dies bedauerlich. Das Gericht sah eine Rückweisung der Rechtsschriften zur Verbesserung infolge von Ungehörigkeiten jedenfalls als nicht angezeigt.

6.3
6.3.1 Würdigend ist alsdann in Erinnerung zu rufen, dass die Krankenpflegeversicherung die Kostengutsprachen stets ex ante, d.h. aus prospektiver Sicht zu beurteilen hat. Ob die beabsichtigte Massnahme den WZW-Kriterien (Wirksamkeit / Zweckmässigkeit / Wirtschaftlichkeit) gemäss Art. 32 Abs. 1 KVG entspricht, ist somit aufgrund der im Beurteilungszeitpunkt bekannten, medizinisch erstellten Situation zu entscheiden. Konkret gelten die Wirksamkeit und die Zweckmässigkeit der geplanten Kniearthroskopie als erstellt. Streitig ist die Wirtschaftlichkeit im Zusammenhang mit dem Antrag auf stationäre Behandlung. Mithin ist, wie in unter anderem Erwägung 3.3 ausgeführt, die Spitalbedürftigkeit zu beurteilen und es ist zu entscheiden, ob aufgrund der persönlichen Situation der Versicherten Risiken bekannt sind, die nach einer Behandlung im stationären Rahmen verlangen bzw. die gegen eine Behandlung in der Tagesklinik sprechen. Nach Ansicht des Gerichts bedeutet die Tatsache, dass die WZW-Kriterien aufgrund der medizinisch erstellten Situation im Beurteilungszeitpunkt zu entscheiden sind, dass nicht jede irgendwie mögliche intra- oder postoperative Komplikation als bereits gegeben anzunehmen ist, wenn sich aus den Akten hierfür keine konkreten Hinweise auf ein effektiv erhöhtes Risiko ergeben. Sodann darf nicht vergessen werden, dass überraschend auftretende intra- oder postoperative Komplikationen selbstverständlich zu beachten sind und im Rahmen einer sekundären (ex-post) Beurteilung durchaus zur Gewährung einer nachträglichen Kostengutsprache für einen stationären Aufenthalt führen können.

6.3.2 Vorab ist alsdann festzustellen, dass die Behauptung, die Beschwerdeführerin sei eine Risikopatientin, für sich alleine nichts besagt und auch keinerlei Massnahmen irgendwelcher Art indiziert. Soweit die Beschwerdeführerin unter einer arteriellen Hypertonie leidet, ist unter Verweis auf Hausarzt Dr. E. festzuhalten, dass diese als medikamentös gut eingestellt gilt, was schliesslich auch von keiner Seite bestritten wurde. Wie dem Allgemeinstatus des Hausarztes weiter entnommen werden kann, gibt es bei der Beschwerdeführerin überdies keinerlei Hinweise auf eine irgendwie geartete Herzerkrankung, auf eine Durchblutungsstörung oder auf irgendwelche Insuffizienzen des Herzkreislaufsystems. Die entsprechenden Abklärungen – zum Beispiel das EKG des Hausarztes – fielen jedenfalls unauffällig aus. Dieser erachtete denn auch jede Art von Kniearthroskopie – unter Narkose oder Regionalanästhesie – als problemlos bewältigbar. Zu beachten ist überdies, dass Operateur Dr. B. in seinen späteren Eingaben nicht mehr näher auf die Hypertonie als besonderes Risiko einging. Mit Urteil vom 22. Dezember 2011 (S 2011 71) hatte das Verwaltungsgericht im Falle eines 81-jährigen Patienten mit medikamentös gut eingestellter arterieller Hypertonie die Spitalbedürftigkeit ebenfalls abgelehnt. Nach dem Gesagten und im Lichte der Praxis indiziert die medikamentös gut eingestellte Hypertonie folglich auch vorliegend keine Spitalbedürftigkeit. Auch ein erhöhter BMI führt für sich allein nicht zu einem erhöhten Komplikationsrisiko und der Operateur erklärte denn auch in keiner Weise, worin das durch den erhöhten BMI begründete spezielle Risiko bestehen könnte. Unter Verweis auf die im Forum geäusserten Ansichten sowie unter nochmaligen Hinweis auf das Urteil S 2011 71 des Zuger Verwaltungsgerichts ist zu guter Letzt festzuhalten, dass auch das Alter von 66 Jahren kein speziell erhöhtes Risiko für eine Kniearthroskopie darstellt.

Zu der im Einspracheverfahren nachgelieferten Begründung, der stationäre Aufenthalt werde erforderlich, weil aus medizinischer Sicht ein Microfracturing und anschliessend eine Redondrainage angezeigt seien und dies bedinge den Verbleib in der Klinik über Nacht, ist das Folgende zu bedenken. Ob das Microfracturing und die anschliessende Redondrainage überhaupt als medizinisch indiziert gelten, kann nach Ansicht des Gerichts offen bleiben. Immerhin ergibt sich aus den eingeholten Meinungen, dass man eine Knochenstrukturschädigung im Microbereich durch Anbohren jedenfalls bei einer über 60-jährigen Patientin mit Übergewicht, mithin im Falle einer Person mit stärker belasteten, älteren Knochen nicht nur als nicht indiziert, sondern auch als kontraindiziert betrachten könnte und dass mindestens für diese Gruppe von Patientinnen – im Lichte der WZW-Kriterien (vgl. Erw. 3.2) – auch ein Knorpeldebridement als ausreichend bezeichnet werden könnte. Sodann gibt es offenbar fachkundige Ärzte, die das Microfracturing als kleinen Eingriff ansehen, welcher stets ambulant durchgeführt werden könne. Auch erachten nicht alle Fachärzte das Setzen eines Redons als notwendige Konsequenz eines Microfracturing. Weiter gilt als unbestritten, dass auch Hausärzte ein Redon entfernen können und dass ein solches einer Entlassung nicht entgegensteht. Entscheidend ist nach Ansicht des Gerichts aber insbesondere, dass Redondrainagen nicht zulange belassen werden sollten, eine Feststellung der Beschwerdegegnerin, die von Seiten der Beschwerdeführerschaft nicht in Abrede gestellt wurde. Findet der Termin für die fragliche Kniearthroskopie am früheren Vormittag statt – OP-Termine sind grundsätzlich verhandelbar –, kann eine Redondrainage jedenfalls am gleichen Tag wieder entfernt werden und die behauptete Indikation für den Verbleib über Nacht entfällt. Zu diesem Vorhalt äusserte sich die Beschwerdeführerin ebenfalls zu keiner Zeit. Mithin blieb unbestritten dass eine Redondrainage bei Operationstermin am frühen Morgen einer «Entlassung» gleichentags im Regelfalle nicht entgegenstehe. Vor diesem Hintergrund ist die vom Vertrauensarzt der Beschwerdegegnerin ex ante vorgenommene, prospektive Beurteilung des Komplikationsrisikos für die Beschwerdeführerin, implizit die Ablehnung der Akut-Spitalbedürftigkeit nicht zu beanstanden. Dass der Operateur Dr. B. 2009 – beim linken Knie der Beschwerdeführerin – bereits einmal so verfuhr und dass die Kosten damals von der Krankenkasse übernommen wurden, führt nicht zu einer anderen Beurteilung, zumal auch vorbestehende resp. früher bestandene Pathologien die Spitalbedürftigkeit nicht zu begründen vermögen. Für die vorliegende Entscheidung ohne Relevanz ist sodann auch, dass die Beschwerdeführerin und ihr Mann seit Jahrzehnten bei der X. versichert sind. Zu den Vorwürfen an den Vertrauensarzt ist schliesslich noch einmal auf Erw. 6.1 zu verweisen. Zu guter Letzt ist festzustellen, dass auch die multiplen Bestreitungen – dass der Vertrauens-arzt die in den Akten erwähnten Unterlagen wirklich gesehen, im Forum die richtigen Fragen gestellt, die Antworten richtig wiedergegeben habe bzw. dass in den USA 99 % der Kniearthroskopien ambulant durchgeführt würden – in keiner Weise zielführend sind, folglich hier nicht eingehender zu erörtern sind.

6.4 Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Beschwerdegegnerin vorliegend aufgrund der prospektiven Betrachtungsweise zum Beurteilungszeitpunkt, d.h. im Zeitpunkt der Kostengutsprache nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu Recht eine Spitalbedürftigkeit ablehnte, mithin die Wirtschaftlichkeit der beantragten Kniearthroskopie im stationären Rahmen verneinte. Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet und sie ist abzuweisen.

(...)

Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. Februar 2014 S 2013 117

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